Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Während bei Winckelmann die abstrakte körperliche Schönheit, gleichbedeutend mit absoluter Ruhe, vor dem seelischen Ausdruck dominierte, wies Heinse dem Sinnlichen, den seelischen Prozessen, den dynamischen Aktionen und Bewegungen Priorität vor dem Abstrakten des Körpers zu. Bei Heinse wird Laokoon zum „Bürger“ und „Rebellen“.
„Es leidet ein mächtiger Feind und Rebell der Gesellschaft und der Götter, und man schaudert mit einem frohen Weh bei dem fürchterlichen Untergang des herrlichen Verbrechers“.

Auch beginnt Heinse bereits zu ahnen, daß Laokoon keine klassisches, sondern ein späthellenistisches Kunstwerk ist. So kehrt Ernüchterung bei ihm ein. Im Tagebuch notiert er: „Ich weiß nicht, ob die Gruppe Laokoons wirklich so schön ist, als man sie macht; mir kömmt sie immer, je mehr ich sie betrachte, gekünstelt vor und wie eine Tanzmeisterstellung... damit er einen Stil hat, so muß der Papa auf dem Altar sitzen.“
Das ist natürlich starker Tobak im Hinblick auf die Winckelmannche„Einfalt und stille Größe“und das Lessingsche Prinzip vom Primat der „Schönheit“.
„Aus der mythologischen Kunst der Antike und der religiösen Kunst der Renaissance beschwor Heinse das Weltlich-Dynamische, Kämpferisch-Rebellische, kraftvoll Heroische, Heidnische und Erotische.
Wie er in einer Raffaelschen Madonna das herrliche Weib sieht und in den Christus den nervig sonneverbrannten Kalabrier, so erlebt er in der antiken plastischen Gestalt das Wunder des nackten ursprünglichen Lebens selber“.

Abschließend die Legende Laokoons, wie sie im „Ardinghello“ steht:
“Laokoon“, erzählt dieser, „war ein Sohn des Akötes, Bruder des Anchises und Priester des Apollo. Da er wider dessen Willen heiratete und Kinder zeugte und ihn alsdann das Los traf, daß er dem Neptun am Gestade opfern sollte, sandte Apollo bei der Gelegenheit von Tenedos her durch die Fluten des Meeres zwei Drachen, damit sie seine Söhne Antpahs und Thymbräos umbrächten. Laokoon wollten denselben Hilfe leisten, wurde aber selbst umflochten und getötet. Welches die Phygier deswegen geschehen zu sein glaubten, weil er einen Spieß in das Trojanische Pferd warf“.
"Servius gibt jedoch die bessere Erklärung und sagt, es sei deswegen geschehen,
weil er seine Frau aus Unenthaltsamkeit im Tempel des Apollo beschlafen habe".

Apollo galt bei den Griechen als Beschützer der Künste und Musenanführer, als Sühne-und Heilgottheit und vor allem als Herr des Delphinischen Orakels hatte Apollo große Bedeutung für das religiöse Leben der Griechen.


Literatur:

Heinse, W.: Ardinghello. Leipzig 1973. Nachwort v. K. Hammer
Zinserling, G.: Abriß der griech. u. röm. Kunst, Leipzig.1988
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J.J.Wilhelm Heinse
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