Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Um die Gesetze der Schönheit nicht zu verletzen, ließen die rhodische Künstler nach Lessing Laokoon nicht schreien, obgleich Schreien der natürliche Ausdruck des körperlichen Schmerzes ist.
Lessing schreibt: „Eine vorübergehende Erscheinung, wie das Schreien des Laokoon, wirkt in der bildenden Kunst-festgehalten d.h. fixiert-widernatürlich.
Die Betrachtung dieses fixierten Schreiens wirkt bei mehrmaligen Betrachten schwächer und schwächer, um schließlich nur noch Grauen und Ekel vor dem Bilde beim Betrachter zu erwecken. Der Betrachter würde die gräßlich entstellten Züge des Laokoon auf den Charakter des Priesters beziehen und zu falschen Schlüssen kommen!“
„Die bloße weite Öffnung des Mundes...ist in der Malerei ein Fleck und in der Bildhauerei eine Vertiefung, welche die widrigste Wirkung von der Welt tut..“

Lessing beweist an Beispielen der Dichtkunst (“Aeneis“ des Vergil) daß der Dichter seine Personen schreien lassen darf:
„Gräßlich ertönt sein Jammergeschrei zu den Sternen,
gleich dem Gebrüll des Stiers,
der am Altar verwundet flieht
und vom Nacken das Beil,
das schwankend geführt, sich schüttelt.“
Hier in der Dichtung, darf er schreien ohne daß der Schönheitssinn des Lesers
verletzt wird. Noch etwas anderes kommt hinzu. Der Dichter schildert eine gesamte Handlung, der bildende Künstler kann nur einen Punkt darstellen.
Der bildende Künstler muß den Punkt so wählen, daß er der Einbildungskraft des Betrachters freies Spiel läßt.
Er muß das Vorausgegangene und das Kommende der Handlung, den „furchtbaren Augenblick“ - den Höhepunkt - richtig wählen: Das ist das Seufzen, die Einbildungskraft des Betrachters kann ihn Schreien hören.
Der Augenblick muß kurz vor oder kurz nach dem Höhepunkt der Handlung liegen. Noch einen anderen Aspekt stellt Lessing heraus: In der Skulptur werden die Gestraften nackt dargestellt und in der Dichtung sind sie bekleidet beschrieben.

Wie Johann Joachim Winckelmann hält Wilhelm Heinse den Laokoon, Apollo, den Torso und Antinous für die Gipfelleistungen der klassischen Kunst, folgt bei der Beurteilung dieser antiken Plastiken den physiognomischen Beschreibungen Winckelmann, doch an die Stelle des hymnisch feiernden Stils setzt er eine eigenwillige, ich bezogene, unmittelbar gegenwärtige Betrachtungsweise.
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J.J.Wilhelm Heinse
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