Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
Seite
vor
zurück
Das hört sich an , als ob Heinse in Rückbesinnung auf seine Kindheit im Thüringer Wald sich seines heimatlichen Dialekts („langewesserisch“) bedienen müsste, um seine Gefühle besser ausdrücken zu können.
Als Heinse die Zentralalpen hinter sich gelassen hatte und sich bei einem Bacchusfest am Genfer See aufhielt, schrieb er: “Auch ich war so gut und gütig als ich in meinem Leben nicht gewesen bin. Wenn ich in meiner Kindheit nur zwey Jahre da gelebt hätte, ich wär einer der besten Menschen geworden; aber so trage ich immer noch die Rauheit der Gebürge meines Vaterlandes an mir.“ Heinse setzte seine Reise nach Italien fort und schrieb am 16.3.1782 in einem Brief an Fritz Jacobi in Düsseldorf: “und ich gehe, zu Klingers unbegreiflichem Wunder, indem dieß kein Soldat könnte, noch immer in meinem Düsseldorfer Reiserock herum, und mach darin meine Staatsvisiten, mit dem ich an der Furka [Gotthardmassiv] hing, und in der mitländischen See die Nacht auf freyem Verdecke liegend die Sterne auf - und untergehen sah“.

1971 setzte sich eine Gotthard-Stiftung das Ziel, „ die Umgebung des St. Gotthard-Passes und das Hospiz als Zeugnis von nationaler Bedeutung für die Geschichte der Schweiz und als Ausdruck der schweizerischen Freiheit und Unabhängigkeit zu bewahren.“ Weiterhin wollte sie „Projekte fördern, welche den St. Gotthard aufwerten“.
Sie kaufte sämtliche Gebäude auf der Paßhöhe. Die wichtigste Aufgabe der Stiftung war die Restauration der im lombardischen Stil erbauten „Alte Sust“. Es beherbergt heute das „ Nationale Gotthard-Museum“.
Es ist ein Museum mit Exponaten, die die wichtige Rolle zeigen, die der Paß über Jahrhunderte in politischer, strategischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht für die Schweiz und ganz Europa gespielt hatte. In einem Austellungsraum werden die Hauptdarsteller als Figuren symbolisch dargestellt, die in einer Audiovisions-Schau auftreten: so der Teufel, der Krieger, der Bote, der Kapuziner, der Hirte, der Händler und Sankt Gotthard persönlich.
In einer zusammenfassenden Beschreibung seiner Reise zwischen Rhein und St. Gotthard, enthalten in einem Brief an Ludwig Gleim, heißt es bei Wilhelm Heinse: „Bester Freund, hier ist wirklich das Ende der Welt. Der Gotthardt ist ein wahres Gebeinhaus der Natur. Statt der Todtenknochen liegen ungeheure Reiyhen von öden Steingebürgen, und in den tiefen Thälern auf einander gehäufte Felsentrümmer“.
Der Brief ist zur ersten Hälfte um Mitternacht, zur zweiten gegen 4 Uhr morgens geschrieben. Dazwischen liegt ein Gang durch die nächtliche Landschaft. Heinse schreibt im 2. Teil: „ da ward alles still, bis auf ein Geräusch ferner Katarakten, und mich wehte heilig leis in der Dunkelheit zwischen feuchten Felsen eine Stimme wie von einem Geist an - Was staunst Du, Schüchterner, kleines Geschöpf!“.
Der Berggeist spricht: „ Ich bin der Anfang und das Ende. Erkenn in mir die Natur in ihrer unverhüllten Gestalt, zu hehr und mächtig und heilig, um von euch Kleinen zu euren Bedürfnissen eingerichtet, verkünstelt und verstellt zu werden. Jedes Element ist ewig wie die Welt, und alles andere wird und ist und vergeht: aber die Arten der Elemente und die verschiedenen Formen, wozu sie anwachsen, sind unzählbar. Nun geh hin, dir ist das Evangelium gepredigt!“.
vor
zurück
wilhelm_heinse001014.jpg wilhelm_heinse095003.jpg wilhelm_heinse004004.jpg wilhelm_heinse095002.jpg wilhelm_heinse001008.jpg wilhelm_heinse001012.jpg wilhelm_heinse046002.jpg wilhelm_heinse046003.jpg wilhelm_heinse001010.jpg wilhelm_heinse001009.jpg
J.J.Wilhelm Heinse
wilhelm_heinse001001.jpg