Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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An anderer Stelle schreibt Sömmering: nächst dem dichterischen genie und feinem kunstsinn bildete eine echt künstlerische sorglosigkeit, verbunden mit einem unüberwinlichen streben nach unabhängigkeit, wohl einen der herrschendsten züge in Heinses charakter...die fesseln der hergebrachten gesetze des staats, der moral als schriftsteller wenig beachtend, kümmerte er sich nicht um die folgen seiner äusserungen, weshalb er mit recht und unrecht mancherlei anfeindungen und verfolgungen zu erdulden hatte.
Den niederen sinn für erwerb kannte er so wenig, dass er niemals ein eigentliches brodstudium regelmäßig betrieb. Als freund war er anhänglich und treu, seinen vater Gleim liebte er mit kindlicher, dankbarer verehrung bis zu dessen tod. Er wusste sich liebe und achtung in hohem grade zu verschaffen und zu erhalten, auch bei personen von einer mit der seinigen sehr wenig übereinstimmenden denkungsart.
Doch stand er im leben eigentlich allein. bei seinem feinen gefühl für geistige wie körperliche vorzüge des andern geschlechts mag es auffallen, dass er von keinem weiblichen wesen, soviel bekannt, auf die dauer gefesselt wurde. er starb unverheiratet, vielleicht aus scheu vor den fesseln der ehe.
Seine phantasie zeigte sich oft gerade dann am ausschweifendsten, wenn er in der wirklichkeit mit mangel zu kämpfen hatte. In der regel lebte er äusserst einfach und mäßig, daher sein stets heiterer sinn, seine kräftige gesundtheit. Ja als im mai 1803 ihn plötzlich eine halbseitige lähmung befiel, schrieb er drüber in scherzendem ton, und nachdem er sich ziemlich wieder erholt hatte, ließ er sich nicht abhalten, an der herausgabe der Anastasia in dem hause meines vaters, wo er sich während der kur aufhielt,mit gewohnter heiterkeit zu arbeiten.
Zusammenfassend ließe sich Heinse vom Temperament wie folgt charakterisieren:
Er war ein ruhiger, besonnener und humoristischer Mensch. Ruhig, aufmerksam und mit großem Einfühlungsvermögen - von seiner großen Sach- und Menschenkenntnis ganz zu schweigen.
So trat er gebildeten Besuchern der Bibliothek im Schloß Johannisburg in Aschaffenburg zuvorkommend gegenüber und war immer dienstbereit.
In ihm zusagender Gesellschaft taute er auf, wurde quicklebendig, witzig, konnte aber auch ironisch und drastisch, doch niemals verletzend, anzüglich oder unsachlich werden.
Heinse war, so kann man es sich vorstellen, mit sich, der Welt und der Natur zufrieden. Selbst unter widrigsten Lebensumständen bewahrte er stoische Gelassenheit. Er haßte die Lüge, die Borniertheit der Menschen. Unnatürliches, Rechthaberisches und Dogmatisches verabscheute er. Dabei wußte er um seine Fähigkeiten, sein Wissen und Können.
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J.J.Wilhelm Heinse
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