Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Nicht weit vom Sturz des Velino ist ein Ponte Regolatoror damit nur eine bestirnte Quantität Wasser hervor kann, um den Torrosinern keinen Schaden zuzufügen. Am Ufer darüber ist eine Mauer gezogen, damit Niemand hinüber kann, mit folgender Aufschrift: „Auf Befehl des hervorragenden und ehrwürdigsten Fürsten Kardinal Francesco Barberini, des Vizekanzlers der Heiligen Römischen Kirche wurde der Zugang zu dieser Brücke über den Velinus geschlossen, damit nicht so sehr die Frechheit des über die Ufer tretenden Flusses als vielmehr die der eindringenden Menschen eingedämmt würde. Dies geschah durch den Abbate Pietro Ottoboni aus Venedig, Senator der Republik Venedig und Gouverneur von Terni. Auf Kosten der Gemeindekasse von Terni im Jahr 1640. Mehr sei gepriesen Urban, welcher durch die Brücke die Verbrechen zügelt, als Clemens, der mit der Brücke lediglich den Wassern Einhalt gebietet." Gleich dahinter geht nehmlich das Neapolitanische an, und die Einwohner von Terni hatten also nur vier oder fünf Meilen um in Freyheit zu seyn, wenn sie ermordet oder sonst ein Verbrechen begangen hatten. Ferner hielten sich eine Menge Straßenräuber auf, und raubten und plünderten. Der Berg an dessen obern Fuß sie steht, ist sehr hoch, und sein Kopf ragt über den Wasserfall stolz und herrlich hervor und giebt ihm eine schöne Zierde. Jetzt müssen sie dieser kleinen Mauer wegen einen Weg von 20 Miglien machen, ehe sie in das Neapolitanische kommen.
Der Aeskulapstempel vor der Stadt al Santissimo Crocifisso ist eine Kinderey. Man merkt gar keine Form mehr von einem Tempel, und es sind 14 zusammengeflickte Säulen zu einem Altärchen, so gut sich es hat schicken wollen. Vier große Korinthischer Ordnung, zwey große Jonischer Ordnung; sechs kleinere Korinthischer Ord. Zwei kleinere aus bruchstücken gestreift und ungestreift zusammengesetzte; eine dorischer Ordnung, der ändern fehlt das Kapital und man hat ihr statt dessen ein Stück Gebälk aufgesetzt. Zwey Große sind schlecht und elend von Backsteinen dazu gemauert und Kalküberschmiert, haben aber Jonische Kapitaler und Kranz. Das dorische Gebälk existiert noch ganz über den kleinern gehört aber wahrscheinlich nicht dazu; die Ochsenköpfe daran sind ganz abgerieben. Doch es verlohnt sich nicht der Mühe, viel Reden darüber zu verlieren, weil es ein Quark ist, obgleich Bernouilli den löblichen Volkmann darüber falsch corrigiert, und dieser seine Correctionen wieder abgeschrieben hat, so wie der gute ehrliche Mann alles abschreibt. Es ist ein Elend und Jammer wenn man den deutschen Baronen so Häkerling und Stroh von diesen zwey blind in den Tag Hineinreisern und alles Aufschreibern auftischen sieht.
Abends angelangt zu Angeli. Gut gegessen und getrunken. Padre Penitenziario ein Ungar, Organist, gute Haut. Der Padre Marcellino un Porco di S. Francesco; wie ich ihm alle die Reize von dem Thal di Spoleto erzählt hatte, blieb er ganz still dabey; aber wie ich nur das Wort trotte vom Clitumnus nannte, schmatzte er in der That wie ein Schwein und wurde lebendig, catteral rief er aus. Wie ich dem Layenbruder sagte ho studiato le scienze [ich habe die Wissenschaften studiert] verstund er stuccatore, und sagte: ah damit verdient man viel Geld in Italien, das ist ein gut Handwerk, das geht. Die Porci di S. Francesco merkten endlich, daß ich nicht ihres Gelichters war, und suchten mich geschwind los zu werden, aber es half ihnen nichts; es kam ein Gewitter mit lauter Wolkenbrüchen von Regen, und ich blieb solange bis dieser vorbey war; doch speist ich nicht bey ihnen sondern in einer osteria zu Assisi für 6 Baj. Der Pater Penitenziario Haftl führte eine herrliche blecherne Schachtel mit dem feinsten Zucker und Moccabohnen bey sich; die Tasse Kaffee, die ich davon trank, bekam mir herrlich. S. Francesco hat schlechte Heiligkeit bei mir erregt; denn mir träumte bey seinem Heiligthum von einem verführerischen Mädchen und ich hatte eine Herkulische Pollution.
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J.J.Wilhelm Heinse