Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Der rechte Arm ist erträglich gezeichnet und geformt; aber welcher andre will sich in das lebendige warme Fleisch und die ganze Natur hineinfühlen? er ist kalt und trocken und ohne Gefühl.

Augenscheinlich ist er zusammengesetzt aus zwey Stücken; das rechte Bein mit dem Sohn ein Stück, und er selbst das andre; und es wäre kindisch, wenn die Künstler den ändern Sohn nicht auch aus einem besondern Stück hätten machen wollen. Das Ganze besteht also aus drey Stücken, die übrigen Riße sind Beschädigungen, als an dem linken Schenkel von hinten. Die alten Fugen sind aber so wohl angepaßt, und an solchen Theilen, daß man sie noch jetzt wissen muß, um sie zu finden. Und wenn ihn Plinius an einem Orte sah, wo man nicht wohl hinzukonnte, so war leicht zu denken, er wäre ganz aus einem Stücke Marmor für einen, der Künstler wenig in ihren Werkstätten hat arbeiten sehen. Die zwey rechten Arme an den Buben sind jämmerlich restauriert. Die Gruppe und Maße im Ganzen thut eine gräßliche Wirkung; die Schlangen machen mit den Armen gar zu kurz Federlesens. Man muß sie in der Nähe sehen.

Hermaphrodit hat sich mit der Decke umgewälzt, und man sieht darin noch die Bewegung in den Falten. Das linke Bein hält der Kitzel gekrümt und gebogen, und das rechte streckt er aus, daß die Decke sich straff spannt, und bis in die äußersten Zähspitzen starren und schwellen die Wollustnerven vom ganzen Körper. Sie drückt den rechten Schenkel an, läßt der vollen Schaam Raum, eingezogen und aufgehoben, und dreht den Kopf auf die andre Seite mit zugemachten Augen jungfräulich züchtig zurück.

Hermaphrodit; das höchste Bild der Wollust. Man wird dabey zum Tantalus, und ärgert sich, daß die göttlich schönen Formen von Stein sind. Der Arsch und die Taille in ihrer reizenden Kontur, und die Lage der Verzweiflung mit Kopf und Beinen und Schenkeln aufgebuhlt von hinten entzückend; zarter Fleisch in Stein giebts nicht. Die linke Hand nur allein. Es ist ein solches Leben drin, daß man glaubt, er springt vor Geilheit auf und davon. Er liegt so recht da, wie eine süße reife Frucht für den Schwanz, der wie ein schäumender wilder Tieger darüber hermöchte.Ich konnte der Lust nicht widerstehn, mich zu baden Aus Furcht vor den welschen Straßenräubern scheute ich mich zwar, doch packte ich endlich meine Baarschaft zusammen und steckte sie in meine Unterhosen und legte diese, nachdem ich mich geschwind ausgezogen hatte, auf das zarte lange Gras am Bache. Welch Entzücken! Wahre eigentliche Begattung mit der schönsten zauberischen Gegend. Wie vom fernen Gebürg das Grün zu einer Liebesmelodie sich herwälzt, wie alles üppig froh vollkommen um mich her lebt! Der herrliche wilde Rebenbusch, der seine schlanken Ranken ins Wasser sinken läßt! Die großen Blätter der Wasserpflanzen, die blühenden herum, der frische Reiz und die liebliche Zierde der ihn umfassenden Bäume oben vor seinem Fall, das simple Ganze, was das Äug so entzückt, auf einmal ohne alle Zerstreuung so wollüstig verziert und doch so ganz wie kunstlos, überblickt, nährt des Menschen Geist wie lauter kräftiger Kern. Die Mannichfaltigkeit des ändern Stroms, des bald langsamen bald schnellern Laufs, und gerad immer recht, das reizende Bett überall, so weit man hinkömt, der See in seiner Rundung von einem Amphitheater sich nach einander verlierender höchster Gebürge eingefaßt, das fruchtbare Thal, wodurch er rinnt, der Streit der Nachbarn um ihn, alles macht ihn immer interessanter. Gemahlt bleibt er immer ein armseeliges Fragment, weil kein Zuschauer des Gemähides, der das Original nicht sah, sich das hinzudenken kann, da man es nicht andeuten kann. Und überhaupt ist es Frechheit von einem Mahler, das vorstellen zu wollen, dessen Wesentliches in Bewegung besteht. Poussin mahlte sehr klüglich die Wasserfälle meistens in der Ferne, wo ihre Bewegung sich verliert und sie stille zu stehn scheinen.
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J.J.Wilhelm Heinse
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