Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Gert Theile schreibt an anderer Stelle:
Heinse schafft auch für das das von Lais vorgetragene Plädoyer einen entsprechenden situativen Rahmen. Sie, welche den Menschen auf Erden im Auftrag der Venus zu irdischer Glückseligkeit verholfen hatte, muß ihre Handlungen und Überzeugungen vor einer elysischen Jury verteidigen, deren sagenhafte antike Mitglieder (Orpheus, Solon u.a.) die verschiedenen Meinungen über induviduelle Glückseligkeit vortragen.
In der Einführung zu seiner Übersetzung des Leben des Torquato Tasso beschreibt Heinse den Herzog, der nur wie ein Wurm das kennt, was er auf diese kleinen Kugelerde mit seinem halben Dutzend Sinnen finden und genießen kann. Diesem Menschen ist alles unbekannt, was das Leben des grossen Tasso verklärt, nämlich die höheren Freuden, die nur die schönen Seelen empfinden; diese Ahnungen zukünftiger Paradiese; die Ausflüge starker Geister in Welten, die dort oben in Räumen von Wonne sich drehen, die hinieden sich wiederfinden, sich erkennen und vereinigen.
In seinem Beitrag Armida, oder Auszug aus dem befreyten Jerusalem des Tasso für die Zeitschrift Iris lässt Heinse die orientalische Zauberin Armida eine von den glückseligen Inseln ausserhalb der Grenzen der Welt im ungeheuren Ozean, wo nie oder selten ein Schiff von unseren Ufern landet, als Liebeswort für den geliebten Rinaldo und sich selber auswählen. Bei ihrer Fahrt über den weiten Ozean, wo die Flut die Grenze des Himmels ist, entdecken die beiden jene sieben Inseln, welche die Alten die glückseligen nannten. Ewiger Friede herrscht hier. Unveränderlich wehen frische, geruchreiche Lüfte in ewigem Frühling. Sie ist der Hafen der Welt, die Wonne des goldenen Zeitalters. Hier gibt es keine blutigen Waffen, nur Ritter der Liebe und Glückseligkeit.
Die Vorstellung von einem utopischen goldenen Zeitalter ist bei Heinse besonders lebendig. Der Mensch, der noch im ursprünglichen Naturzustand von der Jagd sich ernährt, ist der wahre Herr der Schöpfung und lebt im heroischen goldenen Alter der Menschheit. Wo die goldenen Zeiten von Athen seien, fragt sich Ardinghello. Diese Zeit wird für uns erst wiederkommen, wenn wir endlich alle Bande abstreifen und in unaussprechlicher Wonne, ohne Grausen vor den Schreckwörtern Tod und Zerstörung, Seligkeit genießen.
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J.J.Wilhelm Heinse