Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
Seite
vor
zurück
In den Musikalischen Dialogen, der ersten Ausgabe seiner Jugendschrift, erschienen nach seinem Tode 1805, (geschrieben 1771, nach Heinses eigenen Worten binnen 8 Wochen in den erbärmlichsten Umständen, wie ein Gefangner bei Wasser und Brot, von wahrer Kanaille umgeben) in denen sich die wesentlichsten Züge seiner eigenen Jugend widerspiegeln, lässt Heinse den Studenten Waldmann erzählen, der als eingesperrter Schüler davon träumt, dass er nach Ost- und Westindien reist, sich ein schönes Mädchen holt und in Erinnerung an die Taten der großen Feldherrren Alexander und Hannibal einen Idealstaat nach seiner eigenen Tapferkeit und Weisheit entwirft.. Das Ziel seines utopischen Idealstaates formuliert er hier so:
"Die Glückseligkeit, welche die mehrsten Griechen für die wahre hielten, bestand in einem weisen Genuss der Wollüste".
Bei Waldmann alias Heinse liest sich das im Original so:
"Wenn ich nach Hause komme, so fang’ ich an auf meinem Claviere zu spielen und lese Tausend und eine Nacht, Thomas Jones, Amalia, Reisebeschreibungen, und zur Abwechlung lateinische Poeten, wie sie mir vor die Hand kommen, samt den Schriften des Cicero, Petrons und Apulejus. Nun will mir für die Woche zwei Tage rechnen, wo ich keine Lust zu lesen habe, was soll ich hier thun? Ich setze mich hin, und reise nach Ost- und Westindien, hole Geld, und reise wieder nach Deutschland, kaufe mir das schönste Landgut in der Schweiz, und dann reise ich in der halben Welt herum, wohl endlich gar nach Persien und Circaßien und hole mir ein Mädchen, so schön, dass ich kein Fleckchen, und wär’ es nur einen Pfennig groß, an ihrem ganzen Leibe ansehen kann, ohne entzückt zu werden. Dieses bring’ ich auf mein Landgut, und sehe es alle Morgen von oben bis unten an. Ein herrliches Recipe wider alle schlimmen Launen auf den ganzen Tag! Ich gehe mit ihm auf die Jagd, ich spiele das Clavier zu ihrer Sirenenstimme, und tanze und spiele mit den auserlesentsten Freunden. So sitz’ ich wohl Stunden lang auf einem Fleckchen und guck’ an meine Wand hinauf und – sehe sie nicht, und wenn ich sie sehe, so spring ich nach meinem Stocke und schlage Löcher hinein, dass sie mich in meinem wollüstigen Träume verstört hat. Dann nehm’ ich mein Halstuch und binde mir die Augen zu und fange wieder an mich in meine vorige Lage zu denken. Allein mehrenteils ist mir nicht möglich. Nun fang’ ich an ein neues Projekt zu machen, und zwar ein schwereres, weil mir das vorige so leicht gemacht war, dass ich nicht lange davon träumen konnte."
vor
zurück
J.J.Wilhelm Heinse