Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Das dionysische Gefühl der Auflösung der Persönlichkeit in die Ewigkeit des Alls verschmilzt bei Heinse oft mit der Vorstellung des utopischen Paradieses, um so mehr als bei ihm die höchste Glückseligkeit nicht in einem christlichen Jenseits oder überirdischen Himmel besteht, sondern in sinnlich irdischer Lusterfahrung und in einer seligen Auflösung in die zwar ewige, aber doch diesseitige Welt und Natur.

Max L. Baeumer bemerkt, daß für Heinse der irdische Himmel in Rom ist wie ein Leben auf den glückseligen Inseln, aber dennoch hat dieser Himmel nicht die ewige Heiterkeit des wahren Paradieses. Deshalb wünscht sich Heinse , wie ein Vogel nach Griechenland und Georgien (südlich des Kaukasus) zu schweben, und stellt sich begeistert vor, was für ein Leben das sein muß, befreit von dem trägen Erdenkörper, von Sphäre zu Sphäre unter verliebten Sonnen zu wandeln und alle Natur und Harmonie des Weltalls zu fühlen.

Und weiter heißt es:

Wie Heinse sich die Verwirklichung seiner dionysischen (rauschhaft dem Leben hingegeben, wildbegeistert – nach Nietzsche) Sehnsucht auf den Inseln des Archipelagus vorstellt, so geht sein ganzes Sinnen und Trachten von Anfang darauf hin, selbst zum Ziel seiner brennenden Wünsche und lebhaften Vorstellungen zu gelangen. Walther Brecht hat die wichtigsten Äußerungen der Sehnsucht Heinses nach dem Archipelagus, die sich auf die ganze Zeit seines Lebens erstrecken, im "kritischen Anhang" zum Ardinghello zusammengestellt.

Carl Schüddekopf , Herausgeber der 10-bändigen Gesamtausgabe der Werke Heinses (1902-1925) erwähnt einen Brief, den Heinse als Erfurter Student schon am 31. August 1771 (25-jährig) an seinen Gönner Gleim schrieb. Darin heißt es:

"Vielleicht kann ich mich auf meiner Reise zu einer Colonie gesellen, die ein schönes Land in einem glückseligen Klima aufsuchen will! es mit ihr finden, die Natur in ihm verschönern, es zu einem alten Tempel der Grazien machen, und hier leben und sterben".

Zehn Jahre später, am 26. Januar 1781 schreibt er aus Venedig an Friedrich Heinrich Jacobi, in seinem Herzen sei es fest beschlossen, dass er nach Griechenland und Kleinasien reise, wenn nicht eine Seuche oder das Schicksal vorher seine Jugend morde. In tiefer Sehnsucht heißt es:

 „Paradies der Welt, Archipelagus, Morea, Katien und Jonien, o dass ich würdig werde, Euer ganz zu genießen!“.
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J.J.Wilhelm Heinse
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