Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Driburg

Driburg war erst seit einigen Jahren etwas bekannter geworden. Das nahe Pyrmont dagegen war ein gut besuchtes Modebad. Der neue Pächter, Freiherr von Sierstorff, ließ alte Einrichtungen erneuern, baute ein Brunnenhaus und einen Kursaal und ließ die Umgebung verschönern. Dadurch erhöhte er das Ansehen des Bades, das etwa eine Viertelstunde vom kleineren Ort mit Ackerwirtschaft entfernt lag. Von 1791-1796 erlebte das Bad eine Art „Hochsaison“, es wurden etwa 60-80 Badegäste gezählt. Brunnen trinken, Frühstück, Baden, spazieren gehen, lesen und Billardspielen (Heinse war ein großer Liebhaber des Spieles), Mittagessen an gemeinsamer Tafel, Nachmittags war Zeit für größere Ausflüge, Abendessen, Spaziergang in den Alleen, das war der Kurtag. Aus der Flucht wurde für Susette, Heinse und Hölderlin ein sehr schöner Aufenthalt. Susette brauchte ebenfalls die Bäder und die Trinkkur zur Kräftigung.

Heinse lobte später in seinem Tagebuch die schöne Umgebung und den herrlichen Fernblick von den umliegenden Höhen. Mit Hölderlin ist er sicher viel gewandert. Von besonderer Bedeutung wurde für Hölderlin der Knochenberg. Der Knochenberg und das Tal an seinem Fuße waren für Hölderlin geweihter Boden. In der späteren Ode: „Der Tod fürs Vaterland“ wurden seine Eindrücke verarbeitet. „Am Fuß des Knochenbergs ist das Thal, wo Herrmann die Legionen des Varus schlug; darin entspringt der Bullerborn“, so schrieb Heinse in sein Tagebuch und Hölderlin schrieb es später, wie wir schon hörten, an seinen Bruder.


Für Hölderlin brachten diese gemeinsame Reise auch die Erkenntnis und die Gewissheit, dass seine große Liebe zu Susette Gontard erwidert wurde und sie schicksalhaft zusammengehörten. Er bezeichnet sie später als seine Diotima, er spricht in seinen Briefen vom Zauber ihres Wesens und vom Glück, in ihrer Nähe zu sein. Für Hölderlin führte die Beziehung zu ihr zu einer Besserung seines seelischen Zustandes. An seinen Freund Neuffer schreibt er: Zitat S.74 (Hock).

Auch Heinse war von ihrer schönen Gestalt recht angetan. Er schätzte ihren Verstand und nannte sie die „Dame mit dem reinen schön Tizianischen Teint“. Der fünfzigjährige Heinse war zu Anfang der Reise recht reserviert gegenüber Hölderlin. In Driburg fand sich aber Hölderlin mit einer gewissen Überheblichkeit Heinses ab. Er empfindet Heinse als witzig und gewandt und schrieb in einem Brief an seinen Freund Neuffer: „Er ist ein herrlicher alter Mann; ich habe noch nie so eine gränzenlose Geistesbildung bei soviel Kindeseinfalt gefunden.“

Durch das ständige wochenlange Zusammensein mit Heinse bekam Hölderlin einen tiefen und nachhaltigen Eindruck von ihm. In einem späteren Hymnenstück „Der Vatikan“ finden wir die Erinnerung an diesen Aufenthalt „dort drüben in Westsphalen-mein ehrlich Meister“ (unser heutiges Thema) .
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J.J.Wilhelm Heinse
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