Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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"Was staunst du, Schüchterner, kleines Geschöpf! Auch hier war einmal ein Eden, schöner als Genf und Vevay in dem bezaubernden Thale, wo der wilde Rhodan von seinen Stürmen ausschnaubt und in süßem Schlummer heiter hin wallt; ...
Ich bin der Anfang und das Ende.
Erkenn in mir die Natur in ihrer unverhüllten Gestalt, zu hehr und mächtig und heilig, um von euch Kleinen zu Euren Bedürfnissen eingerichtet und verkünstelt und verstellt zu werden.
Jedes Element ist ewig wie die Welt und kann weder erschaffen noch vernichtet werden; und alles wird und ist und vergeht: Aber die Arten der Elemente, und die verschiedenen Formen, wozu sie anwachsen, sind unzählbar.
Nun geh hin, dir ist das Evangelium gepredigt!"
Und eine unaussprechlich schöne Gestalt voll grauser Majestät schwebte wie ein Berggeist in der Dämmerung an mir vorüber. Schauer auf Schauer wallten wie Fluten durch meine Seele, und mir sträubten sich die Haare auf dem Haupte.

Rom:

Es ist ein unaufhörlich Vergnügen, in Rom zu sein; man findet immer Neues, was von der Gewalt und Herrlichkeit des alten Volks zeugt und oft einen entzückt oder erschüttert. Es ist eine wahre Tiefe von Menschheit; die anderen Städte sind dagegen wie erst angepflanzt.

Mir winkte obenauf durch Ruinen und Gesträuch, ewig jung und unversehrbar, die Pyramide des Cestius von fern in blauer Luft, und ich konnte nicht erwarten, dahin zugelangen; strich an einem Septizonium des Severus vorbei durch die Niederlagen des Circus Maximus zwischen den Aventinischen und Palatinischen Bergen nach dem Tiberstrom zu und daran fort, bis ich der reinen schroffen Felsenspitze immer näher kam.
Ach, wie alle die Herrlichkeit so verwüstet liegt! Und doch sind die Überbleibsel der Verwüstung nur klein gegen das, was stand: vom Circus Flaminius, Agonalis, Florealis, Vaticanus, von denen des Sallust und Nero ist keine Spur mehr zu finden. Und was waren die Gebäude selbst in ihrer Vollkommenheit gegen das ungeheure Leben darin!

Nichts hat einen so starken Eindruck auf mich gemacht, als Rom...von tausend und aber tausend lebendigen Springbrunnen wie in den quellenreichen Alpen drin, und manche männliche und weibliche Gestalt mit heißen Blick...auf weiten Plätzen und in den unabsehlichen Straßen erweckten eine Wunderempfindung von einer neuen Natur in mir, die ich noch nicht gehabt hatte.
Heiliges Rom, ich wandle unter deinen Trümmern.

Zum Schluß:

Mich reut es, soviel mir Haare auf dem Kopfe stehen, dass ich Rom verließ, ich sehe in Teutschland kein Heil vor mir.
Es ist bey uns alles so kalt, so kalt, und kein edler Geist findet Unterstützung.
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J.J.Wilhelm Heinse
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