Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Es war in dieser deprimierenden Lage sicher ein glücklicher Zufall, dass gerade zu dieser Zeit Wilhelm Heinse , der zwar mit Müller schon lange korrespondiert, ihn aber noch nie kennengelernt hatte, in Rom eintraf, und viele Monate bei dem ausgezeichneten Kunstkenner wohnte, der ihm nun die Stadt und ihre Umgebung zeigte. Bereits die früheren Briefe „Über einige Gemälde der Düsseldorfer Galerie“ hatten Müllers Zustimmung gefunden, wie wir aus einem Brief Heinses an Gleim wissen:

„von Gemmingen (einer der Gönner Müllers am Mannheimer Hof) hatte Maler Müller täglich an seinem Tische oder auf seinen Gütern bei sich, ehe er nach Rom abreiste. Er erzählte mir, dass Müller so hoch gesprungen wäre wie der Tisch und vor Freude sich nicht zu fassen gewusst hätte über meine Apologie von Rubens und immer von neuem in Enthusiasmus ausgebrochen wäre. Dies war mir sehr lieb, weil ich daraus hoffe, dass unser beider Kunstgefühl zu Rom sich manche Freude mitteilen werde.“

Die Erwartungen Heinses erfüllten sich auf das schönste; die beiden Kunstenthusiasten schlossen sich eng zusammen, machten viele gemeinsame Ausflüge, führten lange, sie beide tief befriedigende Kunstgespräche, die in Heinses „Ardinghello“ eingegangen sind, und sie planten eine Kunstzeitschrift mit dem Titel „Der italienische Merkur“, in der Müller nach der Rückkehr Heinses regelmäßig über die Kunstereignisse in Rom berichten sollte. Sie anerkannten wohl ihre jeweilige stark ausgeprägte künstlerische Individualität, sie teilten die Verachtung gegen die ‚Handwerker‘, wie sie die anderen deutschen Maler in Rom nannten und auch die Neigung zu Polemik und Überspitzung bei Meinungsverschiedenheiten. Gerade dies ließ zwischen den beiden Freunden dann und wann auch heftigen Streit entstehen. So schreibt Heinse in einem Brief vom Oktober 1781:

„Sonst ist Müller täglich und stündlich bei mir, und er geht fast mit niemand anderen als mit mir um, ob wir uns gleich bis aufs Herumraufen zanken. Er ist ein wenig heftig vor der Stirn und mein Blut hat Italien leider noch nicht abgekühlt. In Kleidung geht er sehr wohl einher, und ich sehe in meinem langen grünen Reiseüberrock neben seinem Mantel mit goldenem Kragen, rotscharlachenem Kleide und Pariser Schnallen aus wie Diogenes neben einem wahrhaften Hofmaler (...)“

Es folgt dann noch eine bezeichnende Anmerkung zu Müllers polemischer Neigungen:

„Wo es über einen andern hergeht, ist er einer der besten Gesellschafter, und er hat eine seltene Gabe, allerlei Narren zu dramatisieren und nachzumachen."
Ein Brief Müllers, geschrieben bereits nach dem Tode Heinses, zeigt uns, wie tief auch auf Müllers Seite die Sympathie für Heinse gewesen ist. Müller hatte ihm eine Idyllendichtung nach einem antiken Stoff gewidmet, glaubte aber später, sie sei bei der Übersendung nach Deutschland verloren gegangen, und beklagte dies mit folgenden Worten:

„Wenn dieser Verlust mir einiges Missvergnügen erreget, so geschieht solches bloß nur in Beziehung auf jenen meinen wackeren Freund, dessen Andenken mir immer heilig bleibt, mit dem ich damals in brüderlicher Verbindung hier gelebet,
daher jede, auch kleine Erinnerung an ihn, den Glut- und Lebensvollen, mich doppelt stark ergreift.“
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J.J.Wilhelm Heinse
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