Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Ich habe vorhin ausgeführt, dass man in Weimar als Gegenleistung für die Geldzuwendung erwartete, von Müller Zeugnisse seiner Arbeit übersandt zu erhalten und auch entsprechende Zusagen erhalten hatte; zunächst jedoch wartete man vergebens. Zwar hatte Müller Ende 1779 die Übersendung eines Ölbildes „Streit des Erzengels Michael“ angekündigt, aber seinen Worten folgten zunächst keine Taten. Als noch Mitte 1780 nichts in Weimar eingetroffen war, schrieb Goethe am 12. Juni 1780 einen freundlichen Brief nach Rom, in dem er sich zunächst, wie bereits früher, technische Tipps für das Zeichnen erbat, am Ende aber noch folgenden Zusatz anfügte:

„Nur bitte ich Sie, versäumen Sie ja nicht, mir etwas zu schicken, es sei was es wolle, zeichnen Sie nur einige Ruinen, es braucht nichts Ausgeführtes zu sein (...) die Leute fragen danach.“ Er hatte inzwischen erneut 100 Dukaten gesammelt und ließ sie nach Rom überweisen.

Doch Müller reagierte erneut nicht, so dass ein weiteres Halbjahr später Goethe etwas dringlicher mahnte:

„Es wird nun bald jährig, dass ich Ihnen Ihre Pension geschickt habe. Ich möchte gern erst hier von Ihnen etwas vorzuweisen haben, ehe ich Ihren Gönnern und Freunden wieder Ihren Namen nenne.“

Da aber Müller aber nicht gemäß dem Rat Goethes mit ein paar rasch gefertigten Skizzen in Deutschland auftreten wollte, dauerte es noch geraume Zeit, bis ins Jahr 1781, bis dann endlich eine größere Bildauswahl in Weimar eintraf. Die Nachrichten über den Umfang der Sendung sind nicht ganz eindeutig, wahrscheinlich handelte es sich um 4 Ölgemälde nach biblischen Motiven und einige Handzeichnungen, die für Goethes Privatsammlung bestimmt waren. Der Zeitpunkt des Eintreffens der Bildersendung war nicht glücklich: kurz zuvor hatte Tischbein an Lavater geschrieben, er habe neue Zeichnungen von Müller gesehen, diese seien „erbärmlich“, und Lavater hatte postwendend dieses Urteil sofort an Goethe weitergetragen. Dass sich Goethe dadurch in seinem eigenen Urteil hat beeinflussen lassen, ist möglich, doch nicht sicher, auf alle Fälle war seine briefliche Reaktion auf die Sendung ebenso ausführlich wie deutlich: Ich zitiere die entscheidenden Passagen aus seinem Brief vom 21. Juni 1781:

Ihre Gemälde, Zeichnungen und Briefe habe ich alle ihrer Zeit wohl erhalten, und erfreue mich, dass Sie wohl, munter und arbeitsam sind. Wenn ich Sie nicht kennte, so würde ich in Verlegenheit sein, Ihnen zu sagen, dass Ihre Sachen hier kein großes Glück gemacht haben, und wie sehr wünscht‘ ich selbst, einige Stunden über das, was ich dabei zu erinnern finde, mit Ihnen sprechen zu können. Doch lassen Sie es uns so machen. Ich will Ihnen nur gegenwärtig kurz meine Gedanken sagen, antworten Sie mir darauf, und wir können uns nach und nach hinreichend erklären. Ich verkenne in Ihren Sachen den lebhaften Geist nicht, die Imagination und selbst das Nachdenken, doch glaube ich Ihnen nicht genug raten zu können, sich nunmehr jener Reinlichkeit und Bedächtlichkeit zu befleißigen, wodurch allein, verbunden mit dem Geiste, Wahrheit, Leben und Kraft dargestellt werden kann. Wenn jene Sorgfalt, nach der Natur und großen Meistern sich genau zu bilden, ohne Genie zu einer matten Ängstlichkeit wird, so ist sie es doch auch wieder allein,
welche die größten Fähigkeiten ausbildet und sie den Weg zur Unsterblichkeit mit sichern Schritten führt. Der feurigste
Maler darf nicht sudeln, so wenig als der feurigste Musiker falsch greifen darf (...)
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J.J.Wilhelm Heinse
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