Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Wenn man Müllers wirtschaftliche Lage während seines schließlich 47 Jahre dauernden Romaufenthalts ins Auge fasst, stellt man mehrfach große Schwierigkeiten fest. So etwa am Ende der neunziger Jahre, als die Franzosen die Pfalz und auch Mannheim besetzten und die dortige kurfürstliche Verwaltung eine Zeitlang überhaupt keine Pensionszahlungen mehr leisten konnte. Für Müller kam noch erschwerend hinzu, dass Napoleons Truppen fast gleichzeitig den Kirchenstaat besetzten, die vielen deutschen Kulturtouristen daher ausblieben und er, der sich aufgrund ausgezeichneter Kenntnisse in Geschichte, Topografie und Kunst Roms einen vorzüglichen Namen als anspruchsvoller Cicerone gemacht hatte und damit für seinen Lebensunterhalt sorgte, wenn wieder einmal die Jahreszahlungen des Kurfürsten verspätet oder gar nicht eingetroffen waren, für längere Zeit auch noch dieses Zubrot verlor. Das hatte zur Folge, dass Müller oft längere Zeit kaum zur künstlerischen Arbeit kam. Dabei wollte er nun weniger im Bereich der Zeichnung und Radierung arbeiten, wovon man in Deutschland seit langem wusste, sondern seine Absicht war es, großformatige Ölgemälde nach dem Vorbild Michelangelos zu schaffen, eine unglückliche Idee, wie sich bald zeigen sollte. So begann er eine neue Laufbahn als Historienmaler zu mythologischen und biblischen Themen, hatte damit aber beim Münchener Hof nur wenig Erfolg. Seine mehrfachen Bildersendungen wurden dort ohne Begeisterung aufgenommen, die Bilder selbst betrachtete man übrigens als Gegengabe zur Jahrespension und bezahlte Müller nur die Bilderrahmen. Wiederholte Angebote Müllers, einzelne Bilder anzukaufen, wurden abschlägig beschieden. Die Mehrzahl dieser großformatigen Gemälde ist übrigens nicht mehr auffindbar, von vielen kennt man nur die Titel aus Müllers Korrespondenz. Müllers Geldnot hatte aber durchaus auch selbstverschuldete Ursachen. Er war von Mannheim her gewohnt, sich vornehm zu kleiden und mit den Herren vom Hofe frei und ungezwungen zu verkehren. Diesen Kleideraufwand trieb er, zumindest in den ersten Jahren seines Aufenthalts, auch in Rom. Dies trug ihm bei seinen Malerkollegen viel Spott und Mißgunst ein. Angesichts seines mageren Einkommens und der sehr bescheidenen Unterkunft ist die Diskrepanz zwischen Erscheinungsanspruch und ökonomischer Lage offenkundig. Aus einer Anweisung an seine römische Wäscherin ist uns Genaueres bekannt, dort nennt er sein eigen

„32 gute neue Hemden, dazu ein Dutzend feine, nebst 2 Dutzend neue Halsbinden, dazu etliche seidene Strümpfe.“

Besonders abfällig über Müllers Person, sein Auftreten und seine künstlerische Qualität äußerte sich Goethes Briefpartner Johann Heinrich Wilhelm Tischbein , der ein Jahr nach Müller in Rom eintraf, bald in heftige Opposition zu diesem geriet und einige Jahre später Goethe während seiner Italienreise möglichst von Müller fernzuhalten suchte, zu jener Zeit also, in der das im Frankfurter Städel an prominenter Stelle hängende Bild „Goethe in der römischen Campagna“ entstanden ist (1786/87).

Dies gibt mir Gelegenheit, noch einen etwas genaueren Blick auf die langen, wechselhaften Kontakte zwischen Müller und Goethe zu werfen. Wie bereits erwähnt, korresponierten Goethe und Müller seit ihrer Mannheimer Begegnung immer wieder, Goethe schätzte Müller als Künstler, aber auch als kenntnisreichen Diskussionspartner in Kunstfragen. Der Briefwechsel ist von Seiten Goethes vollständig erhalten, von Müller fehlen einige Briefe, weil Goethe am Ende der neunziger Jahre einmal
 jenen Teil der an ihn gerichteten Korrespondenz verbrannt hat, der ihm für künftige Diskussionen nicht mehr von
 besonderer Wichtigkeit erschien.
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J.J.Wilhelm Heinse
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