Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Doch ungeachtet seiner bedrängten wirtschaftlichen Situation war Müller bereits vom ersten Eindruck in Rom überwältigt . An Heribert von Dalberg schrieb er:
„Wie dank ichs doch meinem guten Schicksal, dass ich jetzt (...) die Wunder zu schauen und zu kosten beseligt bin (...) O dass Sie (...) nur ein einzigmal hier bei mir wären.“
Er suchte sich eine kleine Mietwohnung, ein Atelier konnte er sich nicht leisten. Dann aber kam unerwartete Hilfe von dritter Seite. Heribert von Dalberg hatte seinem Bruder, Karl Theodor, nach Erfurt geschrieben:
„Müller geht nach Italien. Er braucht bis zu seiner Zurückkunft eine jährliche Pension und verspricht dagegen Zeichnungen.“
Karl Theodor, der Müller selbst kannte und schätzte, wandte sich mit diesem Anliegen nach Weimar, wo Goethe am Hof und unter Freunden Geld sammelte, selbst auch etwas dazu tat und schließlich die stattliche Summe von 350 Gulden nach Rom überweisen konnte, mit der Aussicht, auch in den folgenden Jahren eine Kollekte zu veranstalten, wenn Müller Zeugnisse seiner Kunst vorgelegt hatte. Goethe wird sich sicher auch deswegen für die Zuwendung so engagiert haben, weil er in Mannheim Müllers grafische Arbeiten gesehen und den Künstler gebeten hatte, ihm gelegentlich einzelne Blätter zu überlassen, um sich an ihnen weiterzubilden. Müller war natürlich dankbar für das Weimarer Geld, weil er, der sich oft verleumdet, verfolgt und benachteiligt glaubte, in verschiedene Prozesse verwickelt war und dafür die Kosten aufbringen musste. In Mannheim wurde kurz nach seiner Abreise ein Verfahren - es handelte sich um eine von ihm angestrengte Beleidigungsklage - zu seinen Ungunsten entschieden, worauf der Hof zur Deckung der Gebühren im Folgejahr 1779 ein Drittel der Jahrespension einbehielt. Angesichts dieser misslichen Situation schrieb Müller im Oktober des Jahres 1779 selbst einen Bittbrief an Goethe, der allerdings einige Monate deshalb liegenblieb, weil Goethe zu dieser Zeit eine Schweizer Reise unternahm. Mit der Mehrzahl der Künstler in Rom hielt Müller übrigens nur losen Kontakt; er sah sich als Hof- und Kabinettsmaler in einer Sonderstellung, blickte auf seine Kollegen gerne herab und legte Wert darauf, sich von ihnen auch im Äußeren durch betont vornehme Kleidung abzusetzen. Zu allem Unglück erkrankte Müller im Winter 1779/80 schwer, die bayerische Gesandtschaft beim Vatikan wurde von München aus angewiesen, sich um den bedrängten Untertan zu kümmern. Ein katholischer Priester wurde herbeigerufen, um dem möglicherweise Sterbenden Beistand zu leisten und er brachte Müller bei seinen mehrfachen Besuchen dazu, zum katholischen Glauben überzutreten. In Deutschland war man über diesen Schritt verwundert bis entsetzt, Heinse äußerte sich befremdet, ebenso Goethe und Müllers Geschwister brachen weitgehend den Kontakt zu dem Abtrünnigen ab. Als es Müller dann doch wieder besser ging, behauptete er hartnäckig, der Geistliche habe während seiner weitgehenden Bewusstseinstrübung durch die schwere Erkrankung die Konversion erzwungen. Selbst am Münchener Hof erregte die eigenartige Angelegenheit des Hofmalers einiges Aufsehen und die Gesandtschaft in Rom wurde aufgefordert, darüber zu berichten.
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J.J.Wilhelm Heinse