Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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dass er mit seinen Versuchen die traditionelle Idyllendichtung aus ihrer formelhaften und gekünstelten Schäferstatuarik mit adeligem Personal, dem immerwährenden Schmachten sentimentaler Jünglinge um eine Chloe, Phyllis oder Doris in den verspielten Formen des Rokoko befreit und dieser Dichtungsform eine neue, bodenständigere Ausrichtung gegeben hat. Folgenreich wurde dies später etwa in Goethes „Hermann und Dorothea“, und auch bei Mörike, Eichendorff und den Dorferzählungen des 19. Jahrhunderts (Keller, Gotthelf). Selbst noch in manchem Werk der Inneren Emigration nach 1933 findet man idyllisierende Züge, etwa in einem bekannten Roman von Ernst Wiechert aus dem Jahre 1939 mit dem durchaus kennzeichnenden Titel „Das einfache Leben“.

Müller hat in seiner Mannheimer Zeit eine Reihe von Idyllen verfasst, sich dabei zunächst auch an mythologischen und biblischen Stoffen ausgerichtet, doch dann schrieb er zwei dialogische Texte, die er zur Abgrenzung vom Bisherigen als ‚pfälzische Idyllen‘ bezeichnete. Die erste dieser pfälzischen Idyllen heißt „Die Schafschur“ und ist bei Schwan 1775 herausgekommen, die zweite nimmt ebenfalls eine ländliche Beschäftigung als Handlungsrahmen, das Auslösen der im Herbst geernteten Walnüsse aus den Schalen im Spätwinter. Sie heißt deshalb „Das Nusskernen“ , wurde gleich nach der „Schafschur“ begonnen, aber wegen des Umzugs nach Rom dann lange liegengelassen und erst vor 1811 abgeschlossen, als eine Werkausgabe Müllers geplant war.

Die Literaturwissenschaft hat diesen Texten mehrfach den Beinamen ‚realistisch‘ gegeben, eine schillernde, mit Vorsicht zu gebrauchende Benennung. Realitätsnah ist sicher die lokale Situierung der Texte, so werden die Orte Grünstadt, Kaiserslautern, Flörsheim am Main, Creuznach und Germersheim genannt, doch bereits der Handlungsort beider Texte, das Dorf ‚Lämmerbach‘ trägt zwar einen sprechenden, aber frei erfundenen Namen. Auch das, was im ersten Text, „Die Schafschur“ verhandelt wird, löst beim Leser hinsichtlich der vermeintlichen Wirklichkeitsnähe einiges Befremden aus. Ich zeige Ihnen zunächst das Titelblatt der Erstausgabe, die, wie bei vielen Werken Müllers üblich, mit einer selbst entworfenen Vignette geschmückt ist:
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Landschaftsstaffage mit der
Ruine einer Kapelle
vergrößerte Vignette
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J.J.Wilhelm Heinse
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