Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Zu dieser künstlerischen Entwicklung wird auch beigetragen haben, dass der Herzog dem „petit Müller“ , wie er ihn wohlwollend nannte, mehrfach längere Aufenthalte in Mannheim gestattete, wo er die vorzüglicheBildersammlung des dortigen Kurfürsten studieren konnte, vor allem den großen Bestand an holländischer Landschafts- und Genremalerei. Große Teile wurden später an den Mainzer Erzbischof verkauft, sie kamen mit der mainzischen Bibliothek auf der Flucht vor den Franzosen, ins Aschaffenburger Schloss und nach der Zugehörigkeit zu Bayern in die Münchener Pinakothek. In Mannheim bildete sich ein lebenslanger Kontakt zum Mannheimer Hofmaler Ferdinand Kobell, der auf Müller großen Einfluss ausübte, so dass man bei vielen grafischen Blättern, die Müller oft nicht signiert hat, noch heute Schwierigkeiten hat zu entscheiden, ob sie von ihm oder doch von Kobell stammen.

Für seine literarischen Anfänge wurde ebenfalls eine Freundschaft wichtig, nämlich die zu dem Zweibrückener Friedrich Hahn, der in Göttingen Jura und Theologie studiert hatte. Dort war er Mitbegründer des „Göttinger Hainbundes“, eines literarischen Zirkels, der die französisierende galante Literatur, etwa die Wielands, ablehnte, die altgermanische Bardendichtung wieder beleben wollte und in Klopstock sein verehrtes Vorbild sah. Nach den Erzählungen Hahns von dem Göttinger Tun schrieb Müller ein Gedicht mit dem doch sehr eigenwilligen Titel „Lied eines bluttrunkenen Adlers“, Hahn war davon angetan, schickte es an seine Göttinger Freunde, die wiederum zeigten es Klopstock, dem es auch gefiel, so dass er zunächst einige kleine rhythmische Unregelmäßigkeiten beseitigte und es dann für den „Göttinger Musenalmanach“, einem bekannten Jahrbuch für Lyrik, empfahl. Dort wurde es im Almanach des Jahres 1774 veröffentlicht, zusammen mit einigen Gedichten Goethes und der berühmten Gespensterballade „Lenore“ von Gottfried August Bürger. Durch diese erste Veröffentlichung wurde Müller rasch in Deutschland bekannt. Er betätigte sich nun immer mehr als Schriftsteller und schickte seine Versuche, gezeichnet mit der Autorschaft „Vom Maler Müller“ zur Veröffentlichung an den Mannheimer Hofbuchhändler und Verleger Schwan. Wenn er sich nach wie vor „Maler Müller“ nannte, hatte das solide ökonomische Gründe, weil die herzoglichen Zuwendungen ausschließlich dem Hofangestellten als Zeichner und Maler galten und sein Vorgesetzter ihn bereits mehrfach ermahnt hatte, sich vor allem in diesem Bereich zu betätigen. Wie prekär Müllers Situation angesichts seiner Doppelinteressen inzwischen in Zweibrücken geworden war, zeigt vielleicht am besten die Aussage in einem Brief, den er nach Mannheim an Ferdinand Kobell gerichtet hat:

Ich bin jetzt ein Poet.- Bei Tage male ich, und des Nachts mach‘ ich mich auf einem Bogen Papier lustig.“
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J.J.Wilhelm Heinse
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