Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Am 03.12.2000 informierte Privatdozent Dr. Markus Bernauer von der TU Berlin im Heinse-Haus über den neuesten Stand der Arbeiten an der Heinse Nachlass Edition. Die kommentierte Neuausgabe der Frankfurter Nachlasshefte von Wilhelm Heinse wird von der Gerda Henkel Stiftung, Düsseldorf, mit 1 Mio DM gefördert. Ein Herausgebergremium mit Archäologen, Kunsthistorikern, Historikern, Musik- und Literaturwisssenschaftlern hat sich vorgenommen, die Edition bis zum 200. Todestag Wilhelm Heinses im Jahr 2003 abzuschließen.
Das neue Heinse - Editionsprojekt im Heinse-Haus Langewiesen vorgestellt!
Dr. Bernauer, Projektleiter der Edition, teilte dem überraschten Zuhörerkreis mit:
Erstens: Der in Frankfurt am Main liegende handschriftliche Nachlass, d.h. der gesamte Textbestand sämtlicher Frankfurter Hefte einschließlich der Exzerpte, liegt fotokopiert und digitalisiert vor. Ich trage auf vier CD-ROM den Nachlass Heinses mit mir herum!, sagte Dr. Bernauer nicht ohne Stolz. Mit Notebook, CD-ROM-Laufwerk und Overheadprojektor warf er Bilder der handschriftlichen Notizen und Aufzeichnungen von Wilhelm Heinse im Großformat an die Wand. Die Schrift Heinses war deutlich erkenn- und lesbar, zum Teil gestochen scharf. Selbst für das menschliche Auge unsichtbare Schrift kann wieder lesbar gemacht werden.
Zweitens: Von ehemals 82 Nachlassheften, die zum Teil nur aus willkürlichen zusammengebundenen Konvoluten von Aufzeichnungen und Briefen bestehen, existierten bis vor kurzem noch 60 Hefte. Jetzt geht man von 64 Heften aus. 22 Hefte galten als verschollen oder verloren. Dr. Bernauer konnte freudig erregt berichten, dass erst kürzlich wieder Hefte (Briefe) im Freien Deutschen Hochstift in Frankfurt am Main aufgefunden wurden.Es fehlen jedoch noch etwa 12 Hefte, wobei davon auszugehen ist, daß diese Reisebeschreibungen enthalten. Es sind nicht alle Aufzeichnungen aus Italien verloren. Es muß noch mehr gegeben haben, wie dies der Ardinghello erkennen läßt.
Dr. Bernauer berichtete anschaulich, wie man sich Heinses Arbeitsweise vorstellen muß: Heinse beschreibt an Ort und Stelle, nicht einmal, sondern in ständiger Wiederholung fertigt er seine Aufzeichnungen und Notizen an. Sein handschriftlicher Nachlaß ist quasi die Arbeitsstätte, seine Werkstatt und sein Studio: alles wird darin erarbeitet, vorgefertigt und gezimmert, um es später in ihm zusagende Form zu bringen und zu veröffentlichen. In dieser Werkstatt ist das Denken Heinses frei, ungebunden, offen und lebendig, rauschhaft-ekstatisch (dionysisch). Das alles erläuterte Dr. Bernauer an instruktiven Bildbeispielen und Texten aus Heinses Schriften. Die Hefte werden weitgehend so belassen, wie sie Heinse selbst zusammenstellte. Kernstück der Edition ist ein 2000 Druckseiten umfassender Kommentar. Dieser enthält neben Namen (Künstler-und Komponistennamen), Exzerpte und Zitata. Quellen werden überprüft, Bilder und Skulpturen identifiziert, Notizen und Opern werden erklärt. Kunst- und Bildsammlungen, die Heinse besuchte, werden erläutert. Die Bände werden mit Personen-, Kunstwerk- und Ortregister erschlossen und mit Quellenangaben versehen.
Dr. Bernauer versicherte glaubhaft, daß unser Wilhelm Heinse endlich seinen rechtmäßigen Platz in der Literatur und Kulturgeschichte
des 18. Jahrhunderts finden wird.
J.J.Wilhelm Heinse