Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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Vielleicht stand dem Herausgeber der ersten Heinse-Auswahlausgabe, dem Schriftsteller Heinrich Laube, gerade Heinse vorm inneren Auge, als er angelegentlich eines Weimarbesuchs folgendes notiert:
,,Jedes Genie ist von Haus aus revolutionär, weil es erfinderisch und schöpferisch ist. Die Aufgabe der Mitwelt ist es, Große in gemessene, harmonische Verbindung mit dem Bestehenden zu bringen. Dies geschieht dadurch, daß man sie der Vorteile und Freiheiten der Herrschenden teilhaftig werden läßt, damit sie mit ungestörtem Herzen und folglich auch selbst nicht störend
das Neue schaffen und erfinden. Wessen Geist sich nie herausgewagt hat, um das bestehende Gesetz, die herrschende
Sitte vom isolierten Hügel der ungebundenen Eigentümlichkeit anzusehen und zu prüfen, die Rechte des Verbotenen mit
in die Waagschale zu werfen, in sich den Versuch einer eigenen Gesetzgebung zu unterzeichnen, der hat nie
Genie besessen.”
Dem ,,Verbotenen Rechte” überhaupt zuzugestehen, bedeutet Bruch mit dem Alten. ,,In sich den Versuch einer eigenen Gesetzgebung zu unterzeichnen”, heißt Mut zur Individualität - zum Selbstdenken.
Heinse hat von Langewiesen bis Aschaffenburg beides zu verbinden gewußt und es in geistiger Selbstständigkeit zu leben versucht. Das haben zu seinen Lebzeiten außer Soemmering vielleicht nur die erkannt, denen er sich ein wenig öffnete- Friedrich Hölderlin, dem Heinse ein ,,ehrlich Meister” war, und Clemens Brentano, der von Heinse sagte, er habe vielleicht klassischer gelebt, als andere geschrieben hätten.
Und, wir fügen hinzu, gelebt im Lande Luthers, Goethes, Kants, der deutschen Romantik und Nietzsches, wo so oft wie nirgends sonst vielleicht das große Wort vom "Selbstdenken” postuliert wurde und wird, und noch öfter Ängstlichkeit und Sicherheitsbedenken an seine Stelle treten und Innovation oft mit Rebellion verwechselt wird. Doch sind es nicht gerade die vornehmlichen Häretiker, in denen die Flamme heißer brennt, als in den Lauen?
Also, und nun sind wir schon bei Brecht, ehren wir Heinse, indem wir uns nützen: Ermutigen Sie sich und Ihre Kinder zu Heinsescher Offenheit für das Schöne, zur Hochachtung vor dem Individuum, der Natur und zu einem sinnenfrohen Leben. Und vergessen wir nicht den Witz, den Spott und das Lachen, diese von Heinse geliebten geistigen Strategien gegen die schwerfällige Lüge vom Fertigsein in der Kultur und gegen die schale Illusion endgültiger Wahrheit. Und auch nicht das Spiel, das Heinse in seinen verschiedenen Formen liebte; denn bekanntlich ist der Mensch nur dort ganz Mensch, wo er spielt. - Jetzt war ich bei Schiller - wenn Heinse das wüßte!

Also ermuntern Sie sich und ihre Kinder immer wieder zum Selbstdenken.


                          Es müssen ja nicht alle schweigen.
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J.J.Wilhelm Heinse
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